


Am 28.01.2025 besuchte Nicolas Lindt mit seinem Werk «Der Spieler von Zürich. Ein Bericht.» die BBZ für eine Lesung. 110 Personen waren anwesend und lauschten still. Der 1954 geborene Urzürcher war bereits früh im Journalismus tätig, arbeitete für das Schweizer Fernsehen, war stets politisch interessiert und umtriebig. Während der Zürcher Jugendunruhen der 1980er wurde Lindt zu einem der Hauptinitianten und Gründer der Zeitung Eisbrecher. Im Jahre 1981 war er Mitbegründer der WOZ, zwei Jahre später Mitinitiant der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee. Ab dem Ende der 80er-Jahre kehrte Lindt dem Journalismus den Rücken zu und war fortan als freier Schriftsteller und Erzähler tätig. Es reizte ihn immer mehr, Geschichten in ihrem vollen Umfang aufschreiben zu können und nicht – wie im Journalismus üblich – komplexe Themen auf einige wenige Zeilen herunterbrechen zu müssen.
Sieht man sich Nicolas Lindts Werdegang an, so erstaunt es einem nicht, erzählt er mit «Der Spieler von Zürich. Ein Bericht.» eine Geschichte, die eng mit der Stadt Zürich verwoben ist. Er sei und bleibe Zürcher, brauche die Stadt, auch wenn er heute ausserhalb – in Wald – lebe. Und genauso brauche auch diese Geschichte Zürich. Denn Zürich sei die Stadt des Geldes, eines der treibenden Motive dieses Werks, so Lindt. Ausserdem entsprang die Geschichte keineswegs nur der Phantasie des Autors, sondern beruht auf einer wahren Begebenheit, einer Verbrechensserie, welche Zürich in den frühen 80er Jahren in Atem hielt. Nicolas Lindt ist mit dem Protagonisten dieser Verbrechen Jahre später stundenlang zusammengesessen und hat sich die Geschehnisse aus dessen Perspektive schildern lassen.
Und so kommt Lindt dazu, beim Besuch der BBZ eine erste Passage aus seinem Buch vorzulesen. Diese entführt die Zuhörenden in das Zürich der 80er-Jahre, inmitten des Lebens von Milan, der Hauptfigur. Es wird erzählt, wie Milan mit seinem Freund Rolf das erste Mal in seinem Leben im Zürcher Quartier Aussersihl an einem Spieltisch landete. Wie ihn zuerst das Anfängerglück, dann das Pech, die Schulden und schliesslich die Spielsucht dominierten. Der Autor erzählt über die Eigenheiten des Spielermilieus, die Tücken, Tricks, schildert all dies in der authentischen Sprache der Spielenden. Und schliesslich erzählt das Werk über die Straftaten, welche Milan beging, um sich seine Sucht zu finanzieren. Lindt zeichnet die gescheiterte Existenz eines jungen Mannes, der alles verlor – beim Versuch, immer zu gewinnen.
Während er vorliest, unterbricht sich der Autor immer wieder selbst, wechselt häufig zwischen dem Vorlesen aus seinem Buch und dem Erzählen von Anmerkungen und Anekdoten, berichtet über das Handwerk eines Schriftstellers, seine Erlebnisse „im Zürich von damals“ oder der Begegnung mit dem „echten“ Milan. Dies verleiht seiner Lesung eine Lebendigkeit und Authentizität – man hat das Gefühl, niemand anders hätte diese Urzürcher-Geschichte besser aufs Papier gebracht.
Nach einer lebhaften Fragerunde, im Zuge derer sich Lindt mit den Schüler und Schülerinnen vor allem über die Recherche zum Buch unterhält, richtet er ein mahnendes Schlusswort an die Anwesenden: Diese Geschichte könne sich genauso auch noch heute zutragen – das Thema Spielsucht dürfe nie unterschätzt werden.
«Der Spieler von Zürich. Ein Bericht.» ist also ein Werk, das nicht nur eine alte Zürcher Geschichte erzählt, sondern auch aktuelle Aufklärungsarbeit leistet.
Text: Mediothek / P.S. & L.S.